Tierhaltung

Der Anteil der Unfälle in der Tierhaltung am Gesamtunfallgeschehen beträgt bei den landwirtschaftlichen BG rund 20 Prozent. Die Gefahren werden in der Regel durch das Verhalten der Tiere beim unmittelbaren Umgang mit ihnen verursacht. Auch wenn Nutztiere als Haustiere bezeichnet werden, sind in ihrem Verhalten Abwehrmechanismen aus der Zeit vor ihrer Domestizierung angelegt. Sie werden besonders in für das Tier ungewöhnlichen Situationen, z. B. Stress oder Gefahr, aktiviert. Tritte, Bisse oder Hornstöße sind dann Reaktionen, die nicht immer vorhersehbar sind. Wer über Kenntnisse im Umgang mit Tieren verfügt, kann vielfach aus bestimmten Körperhaltungen ein Angriffsverhalten ableiten, z. B. Senken und Schrägstellen des Kopfes, Schnauben bei Bullen oder Anlegen der Ohren bei Pferden. Personen, die Tiere betreuen, sollen daher gründlich unterwiesen werden. Das Eigengewicht und die Körperkraft von Großtieren führen dazu, dass Menschen durch Körperbewegungen der Tiere auch ohne Angriffsabsicht verletzt werden können. Ein Hornstoß als Reflexreaktion kann zu Rippenbrüchen führen. Dem kann eine Enthornung der Kälber vorbeugen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Tierarten bei Erschrecken oder Gefahr unterschiedlich reagieren. Ein Bulle ist sich beim Angriff eines vermeintlichen Gegners sehr wohl seiner Hörner als Waffe bewusst; das Pferd versucht, der Gefahr aus dem Wege zu gehen, schlägt nach hinten aus und flieht. Vorsicht ist auch beim Umgang mit Kleintieren geboten. Bei der Haltung kleiner Nutztiere treten oft Gefahren durch ältere männliche Tiere auf. Hähne und Puter können Menschen anfallen und verletzen. Schaf- und Ziegenböcke greifen Menschen meistens von hinten an. Selbst durch Bienenstiche kann es bei Vorliegen entsprechender Disposition zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen. Tiere gewöhnen sich an Menschen. Sie reagieren in der gleichen Situation unter Umständen bei fremden Personen ganz anders als bei ihnen bekannten Menschen. Das regelmäßige Ansprechen der Tiere und ein ruhiger Umgang sind unerlässlich. Ein sicheres und bestimmtes Auftreten des Personals ist erforderlich, da Tiere Unsicherheit und Angst spüren. Sie überträgt sich auf die Tiere und kann zum Angriff führen. Unruhe in den Stallungen wirkt sich nachhaltig auf die Tiere aus, da sie Angst hervorrufen kann. Rohe Behandlung, Reizen oder Necken der Tiere kann ebenso zu unvorhergesehenen Reaktionen führen. Beim Verladen und Transport von Tieren ist besondere Vorsicht geboten, da das Tier eine fremde und ungewohnte Umgebung erlebt. Zum Führen von Tieren dürfen nur geeignete Vorrichtungen, z. B. Nasenring mit Leitstange, Halfter mit Kette oder Seil, verwendet werden. Leitvorrichtungen sind so zu halten, dass sie im Gefahrenfall sofort losgelassen werden können. Leitseile dürfen daher nicht um die Hand oder den Arm gewickelt werden. Mastbullen sind vor dem Hinausführen aus dem Stall Sichtblenden anzulegen. Durch eine der jeweiligen Tierart angepasste Gestaltung der Stallung, der Pflegestände und der Treibgänge können Gefahren vermieden werden. Dies ist bereits bei der Planung von Bauten zu berücksichtigen. Türen dürfen sich nur nach außen öffnen lassen und müssen gegen Ausheben gesichert sein. Die Türen müssen auch von innen geöffnet werden können, damit Personen im Gefahrfall den Raum schnell verlassen können. Türriegel dürfen nicht von den Tieren geöffnet werden können. In den Ständen sind Tiere so anzubinden, dass für Pflegepersonal ausreichend Platz vorhanden ist. Die Fußböden von Stallungen und Ständen müssen rutschsicher und leicht zu reinigen sein, da sich hier sonst durch Verunreinigungen eine Unfallgefahr für Mensch und Tier ergibt. Bei der Arbeit in Stallungen und beim Umgang mit Großtieren sind Schuhe mit rutschhemmender Sohle und Zehenschutzkappe zu tragen. Der Tritt eines Großtieres auf den Fuß eines Menschen führt zwangsläufig zu schweren Fußverletzungen. Beim Reiten sind Reiterhelme nach DIN EN 1384 zu tragen, um Kopfverletzungen bei Stürzen vorzubeugen. Seit einigen Jahren werden auch Wildtiere, z. B. Dam- oder Rotwild, zur Fleischerzeugung in Gehegen gehalten. Hier treten besonders durch die männlichen Tiere in der Brunftzeit Gefahren auf. Die Tiere sind dann unberechenbar. Weibliche Tiere verhalten sich im Allgemeinen gutartig. Die natürliche Schreckhaftigkeit der Tiere ist jedoch zu berücksichtigen. Ein ruhiger Umgang ist unerlässlich, um Unfällen vorzubeugen. Zur Behandlung müssen Wildtiere mit Stockschlingen, Fanggabeln oder Betäubungsgeräten eingefangen werden. Eine genaue Beobachtung der Tiere sichert nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg, sondern dient auch dem Gesundheitsschutz des Menschen. Verschiedene Tierkrankheiten sind auf den Menschen übertragbar. Beim Auftreten dieser Tiererkrankungen im Bestand, z. B. Brucellose, Tuberkulose, Trichophytie, müssen sich die Personen, die mit erkrankten oder krankheitsverdächtigen Tieren in Berührung gekommen sind, gründlich reinigen und desinfizieren. Bei dem Verdacht einer Infektion ist sofort ein Arzt aufzusuchen. Tollwut kann von Wildtieren direkt auf den Menschen oder auf Haustiere und von diesen auf den Menschen übertragen werden. Tollwut ist eine tödlich verlaufende Krankheit. Die Inkubationszeit ist unterschiedlich lang. Sie kann bei Menschen acht Tage bis zu einem Jahr betragen. Die Ansteckung erfolgt in der Regel durch Biss, ist aber auch durch Belecken oder Kratzen möglich. In Tollwut gefährdeten Gebieten ist daher besondere Vorsicht beim Umgang mit frei laufenden Tieren geboten. Bei Verdacht ist sofort ein Arzt aufzusuchen. Zur Immunisierung dienen inaktivierte Viren. Wirtschaftlicher Druck veranlasste in der Vergangenheit viele Betriebe zur Spezialisierung auf die Haltung einer Tierart in größeren Beständen. Arbeitsextensive Haltungsverfahren wie Flüssigmist und Automatenfütterung fanden hiermit Eingang in die Betriebe. In einem Forschungsprojekt an der Georg-August-Universität Göttingen konnte das Auftreten von Atemwegserkrankungen im Zusammenhang mit der Rinderhaltung nachgewiesen werden. Nach den derzeitigen Erkenntnissen kann davon ausgegangen werden, dass bei der Tierhaltung unmittelbar keine Infektionsgefahr durch Erreger der Bovinen Spongiformen Enzephalopathie (BSE) besteht. Allgemeine Hygienemaßnahmen nach TRBA 230 "Landwirtschaftliche Nutztierhaltung" (in Überarbeitung, Stand: 2007) werden zurzeit bei Tätigkeiten in der Landwirtschaft, bei denen biologische Arbeitsstoffe auftreten können, als ausreichend angesehen, da - abgesehen von Hausschlachtungen - kein Kontakt mit Risikomaterial gegeben ist. Bei Hausschlachtungen sind weitergehende Schutzmaßnahmen wie bei der Arbeit in Schlachthöfen entsprechend dem ABAS-Beschluss Nr. 602 "Spezielle Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch BSE-Erreger" erforderlich.

Quellen

www.arbeit-und-gesundheit.de