Bislang erhielten Frauen nach einer Fehlgeburt zwischen der 13. und 24. Schwangerschaftswoche keinen Anspruch auf Mutterschutzfristen. Lediglich ein viermonatiger Kündigungsschutz war vorgesehen. Der Grund dafür lag in der fehlenden Definition des Begriffs „Entbindung“ im Mutterschutzgesetz. Das Bundesarbeitsgericht orientierte sich an anderen Regelungen, nach denen eine Fehlgeburt mit einem Gewicht des Kindes unter 500 Gramm nicht als Entbindung galt. Somit fiel sie nicht unter die Schutzbestimmungen des Mutterschutzgesetzes.
Diese Rechtslücke führte dazu, dass betroffene Frauen trotz der oft erheblichen physischen und psychischen Belastung keine gesetzlich verankerte Unterstützung erhielten. Das neue Mutterschutzanpassungsgesetz reagiert nun auf diese Problematik und sorgt für rechtliche Klarheit sowie besseren Schutz.
Mutterschaftsgeld
Betroffene erhalten Mutterschaftsgeld für die gesamte Schutzfrist sowie den Tag der Fehlgeburt. Voraussetzung ist ein ärztliches Attest oder eine Bestätigung durch eine Hebamme. Beginnt das Arbeitsverhältnis während der Schutzfrist, beginnt auch der Anspruch ab dem ersten Tag der Beschäftigung.
Was bedeutet das für Beschäftigte?
Für Arbeitnehmerinnen bedeuten die neuen Regelungen mehr Sicherheit, Flexibilität und Entlastung. Sie haben die Möglichkeit, sich nach einer Fehlgeburt zu erholen – ohne sich krankschreiben lassen zu müssen – und erhalten zugleich eine finanzielle Absicherung. Ob und wie lange sie die Mutterschutzfrist in Anspruch nimmt , entscheidet jede Frau selbst.
Was kommt auf Arbeitgeber zu?
Auch Unternehmen sind mit neuen Verpflichtungen konfrontiert. Sie müssen sicherstellen, dass die neuen Schutzfristen gewährt und umgesetzt werden. Dazu zählen:
- Schutzfrist gewähren: Je nach Schwangerschaftswoche müssen zwei, sechs oder acht Wochen Freistellung gewährt werden. Eine Krankschreibung ist nicht erforderlich.
- Nachweise prüfen: Arbeitgeber dürfen einen Nachweis über die Fehlgeburt verlangen. Die entsprechenden Unterlagen müssen sie sensibel und vertraulich behandeln.
- Arbeitsbedingungen anpassen: Der Arbeitsplatz muss so gestaltet sein, dass er den besonderen Bedürfnissen der betroffenen Mitarbeiterin gerecht wird – z. B. durch flexible Arbeitszeiten oder Schonarbeitsplätze.
- Information und Dokumentation: Unternehmen müssen Mitarbeitende über die neuen Regelungen informieren, etwa durch Schulungen, Aushänge oder persönliche Gespräche. Und sie sind verpflichtet zu dokumentieren, dass sie die Vorschriften einhalten und umsetzen.
- Kostenerstattung: Die durch die Mutterschutzleistungen entstehenden Kosten können sich Arbeitgeber erstatten lassen.
Auch Beamtinnen, Soldatinnen, Studentinnen betroffen
Die neuen Regelungen gelten nicht nur für Arbeitnehmerinnen. Auch Beamtinnen und Soldatinnen profitieren künftig von vergleichbaren Schutzfristen – wenn sie sich nicht ausdrücklich zur Dienstleistung bereit erklären, dürfen sie nicht eingesetzt werden. Ebenso gelten die neuen Schutzrechte für Studentinnen, Schülerinnen und Praktikantinnen.
Unterstützung durch Arbeitsschutzexpert:innen
Für Unternehmen empfiehlt sich eine professionelle Beratung zur Umsetzung der neuen Vorschriften. Arbeitsschutzexpert:innen können bei der Gestaltung individueller Schutzmaßnahmen, der Anpassung von Arbeitsbedingungen sowie bei der Kommunikation innerhalb des Unternehmens unterstützen.
Fazit
Das Mutterschutzanpassungsgesetz stellt einen wichtigen Schritt in Richtung umfassender Gleichbehandlung und Unterstützung von Frauen in belastenden Lebenssituationen dar. Für Arbeitnehmerinnen bedeutet es mehr Schutz und Selbstbestimmung, für Arbeitgeber eine klare gesetzliche Grundlage und neue Handlungsfelder. Eine sorgfältige und einfühlsame Umsetzung im betrieblichen Alltag ist entscheidend – sowohl aus rechtlicher Sicht als auch im Sinne eines verantwortungsvollen und menschlichen Umgangs mit dem Thema Fehlgeburt.
Die neuen Regelungen im Überblick
Neue Definition von „Entbindung“
Künftig gilt eine Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche unabhängig vom Geburtsgewicht als Entbindung im Sinne des MuSchG. Damit erhalten betroffene Frauen einen Anspruch auf Mutterschutzfristen sowie auf Mutterschaftsgeld.
Gestaffelte Mutterschutzfristen
Die Länge der Mutterschutzfrist richtet sich nach dem Zeitpunkt der Fehlgeburt:
- Ab der 13. Schwangerschaftswoche: 2 Wochen
- Ab der 17. Schwangerschaftswoche: 6 Wochen
- Ab der 20. Schwangerschaftswoche: 8 Wochen
Während dieser Frist dürfen betroffene Frauen nicht beschäftigt werden – es sei denn, sie erklären ausdrücklich ihre Bereitschaft dazu. Diese Erklärung können sie jederzeit widerrufen.