Asbestsanierung

Asbestsanierung im Sinne der Asbestrichtlinien ist die Behandlung von schwach gebundenen Produkten, aus denen Asbestfasern austreten können. Ziel der Asbestsanierung ist es, eine Gesundheitsgefährdung für Gebäudenutzer durch austretende Fasern auszuschließen. Die Sanierungsmethoden umfassen das Entfernen asbesthaltiger Materialien und erforderlichenfalls das Ersetzen durch asbestfreies Material sowie das Beschichten oder die räumliche Trennung von schwach gebundenen Asbestprodukten einschließlich der erforderlichen Nebenarbeiten.

Einsatz von Asbest beim Brandschuz

Wegen verschiedener positiver Eigenschaften wurde Asbest vor allem in den 60er und 70er Jahren in großem Umfang beim Brandschutz sowie bei der Wärme-, Feuchtigkeits- und Schallisolierung eingesetzt. Die verwendeten asbesthaltigen Produkte lassen sich in zwei Kategorien einteilen:
  • schwach gebundene Produkte mit relativ hohem Asbestgehalt und geringer Faserbindung (Spritzasbest, Brandschutzplatten; Dichte unter 1.000 kg/m³)
  • Produkte mit einem Asbestgehalt von i. d. R. weniger als 20 % und starker Faserbindung (Asbestzementprodukte, Dichte über 1.400 kg/m³).

Asbestzementprodukte

Im Tiefbau und im Außenbereich des Hochbaus wurden fast ausschließlich Asbestzementprodukte eingesetzt, z. B. Dach- und Fassadenplatten, Lüftungs- sowie Be- und Entwässerungsrohre. Innerhalb von Gebäuden dagegen wurden sowohl Asbestzement- als auch schwach gebundene Asbestprodukte eingesetzt, u. a. in Form von Spritzisoliermassen, textilen Matten, Asbestpappen, Leichtbauplatten aus Asbest und asbesthaltigen Wandputzen. Asbestzementprodukte gelten als weniger gefährlich, weil die Fasern infolge des hohen Bindemittelgehalts fester eingebunden sind. Mit einer bedenklichen Faserfreisetzung ist nur zu rechnen, wenn Asbestzementprodukte bearbeitet oder auf eine andere Weise beschädigt werden. Leicht gebundene Asbestprodukte dagegen können auf Grund der schwachen Bindung des Asbests im Material und altersbedingter Versprödung bei geringsten Beanspruchungen Fasern in großer Zahl freisetzen.

Herstellungs- und Verwendungsverbot für Asbest

Seit dem 01.01.2005 gilt ein europaweites Herstellungs- und Verwendungsverbot für Asbest. 1989 wurden die "Richtlinien für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest-Richtlinien)" als Technische Baubestimmung eingeführt. 1992 wurden diese Richtlinien auf Grund neuer Erkenntnisse, z. B. zum Faserfreisetzungsverhalten schwach gebundener asbesthaltiger Platten und zur Berücksichtigung bestimmter, in der ehemaligen DDR hergestellter Plattenarten, erweitert und ergänzt. Eine weitere Novellierung auf Grund der neuen Landesbauordnungen und zur Anpassung an die überarbeitete TRGS 519 erfolgte 1996. Die Richtlinien verpflichten den Eigentümer eines Gebäudes, in Innenräumen vorhandene schwach gebundene Asbestprodukte bewerten und unter bestimmten Umständen sanieren zu lassen. Asbesthaltige Bauteile mit einer Rohdichte zwischen 1.000 und 1.400 kg/m³ müssen im Einzelfall von einem Sachverständigen begutachtet und in eine der oben genannten Kategorien eingeordnet werden. Die Dringlichkeit einer Sanierung wird anhand des Formblattes "Asbestprodukte - Bewertung der Dringlichkeit einer Sanierung" im Anhang 1 der Asbest-Richtlinien bestimmt. Diesem Formblatt zufolge werden die asbesthaltigen Produkte nach folgenden Kriterien beurteilt:
  • Art der Asbestverwendung
  • Asbestart
  • Struktur der Oberfläche des Asbestprodukts
  • Oberflächenzustand des Asbestprodukts
  • Beeinträchtigung des Asbestprodukts von außen
  • Raumnutzung
  • Lage des Asbestprodukts.

Bewertung von Asbestprodukten

Ergibt sich aus der Bewertung der Asbestprodukte nach diesen Kriterien eine Summe von mehr als 80 Punkten, besteht Dringlichkeitsstufe I. Das bedeutet, dass sofort entweder eine Sanierung oder - bis zur Sanierung - vorübergehende Schutzmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Bei einer Punktezahl von 70-79 (Dringlichkeitsstufe II) hat eine Neubewertung des Asbestprodukts in zweijährigem Abstand zu erfolgen. Bei weniger als 70 Punkten (Dringlichkeitsstufe III) muss das Asbestprodukt jeweils alle fünf Jahre neu bewertet werden. Wird bei den Neubewertungen eine Zustandsverschlechterung festgestellt und ergibt die Summenbildung mehr als 80 Punkte, liegt ebenfalls Dringlichkeitsstufe 1 vor.

Methoden der Asbestsanierung

Für die Sanierung von schwach gebundenen Asbestprodukten gibt es drei Möglichkeiten:
  • Das Asbestprodukt wird vollständig entfernt (Entfernen).
  • Das Asbestprodukt wird beschichtet. Dies ist in der Regel mit geringeren Kosten verbunden als das Entfernen. Der Nachteil besteht darin, dass das Asbestprodukt im Gebäude verbleibt und dass Sicherheitsauflagen und u. U. Nutzungseinschränkungen beachtet werden müssen (Beschichten).
  • Das Asbestprodukt wird räumlich abgetrennt. Auch diese Vorgehensweise ist preisgünstiger als die erste, doch hat sie dieselben Nachteile wie das Beschichten (Räumliche Trennung).
Bei Anwendung der Methoden 2 und 3 muss das Asbestprodukt spätestens vor einem evtl. Abriss des Gebäudes entfernt werden. Asbest ist als krebserzeugender Stoff in die Kategorie 1 und damit in die höchste Gefährdungsstufe eingestuft. Entsprechend hoch wurden auch die Schutzmaßnahmen in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) angesetzt und in der TRGS 519 konkretisiert. Mit der neuen GefStoffV (Inkraftreten zum 01.01.2005) wurde das bisher schon hohe Schutzniveau beibehalten. Wichtige Eckpunkte der neuen GefStoffV in Verbindung mit Anhang III Nr. 2 der Verordnung:
  • Die Informationsermittlung (bisher: Ermittlungspflicht)
  • Die Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung der Frage nach schwach oder stark gebundenem Asbest
  • Der Arbeitsplan mit Festlegung der Arbeitstechniken und der Schutzmaßnahmen
  • Die tätigkeitsbezogene Unterweisung
  • Die Überprüfung des Arbeitsbereiches nach Abschluss der Arbeiten, um festzustellen, dass keine Gefährdung mehr durch Asbest besteht.
Mit der neuen Verordnung musste die TRGS 519 aktualisiert und an diese VO angepasst werden. Die Neufassung wurde Anfang Februar 2007 veröffentlicht. Sieht man von begrifflichen Änderungen, Klarstellungen, der Neuregelung der arbeitsmedizinischen Vorsorge und von den neuen Anlagen ab, wurden in substanzieller Hinsicht keine gravierenden Änderungen vorgenommen. So gelten nach wie vor folgende Forderungen: Mit ASI-Arbeiten (Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten) dürfen nur geeignete Firmen beauftragt werden. Werden Abbruch- oder Sanierungsarbeiten an schwach gebundenen Produkten ausgeführt, ist eine Zulassung für den Betrieb erforderlich. Der Arbeitgeber hat die Arbeiten spätestens sieben Tage vor ihrer Aufnahme bei der zuständigen Behörde, z. B. dem Gewerbeaufsichtsamt (Amt für Arbeitsschutz), sowie bei der zuständigen Berufsgenossenschaft schriftlich anzuzeigen.

Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen

Bei arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen ist zwischen Pflicht- und Angebotsuntersuchungen zu unterscheiden. Pflichtuntersuchungen als Voraussetzung für die Beschäftigung mit Asbest sind bei einer Faserkonzentration von mehr als 15 000 F/m³ (Nachweisgrenze nach BGI 505-46) vorgeschrieben. Darunter sind die Untersuchungen den Beschäftigten anzubieten. Die Untersuchungen sind vor Aufnahme der Tätigkeit vorzunehmen und danach in regelmäßigen Zeitabständen zu wiederholen (Erst- und Nachuntersuchungen). Da bei Tätigkeiten mit Asbest i. d. R. Faserkonzentrationen oberhalb der Nachweisgrenze vorliegen, muss in der Praxis in erster Linie von Pflichtuntersuchungen ausgegangen werden. Für Jugendliche, werdende und stillende Mütter gelten Beschäftigungsbeschränkungen.

Schutzmaßnahmen bei Arbeitssicherheitsarbeiten mit Asbest

Die Beschäftigten sind über die durchzuführenden Arbeiten, die möglichen Gefahren sowie die anzuwendenden Schutzmaßnahmen bei ASI-Arbeiten mit Asbest zu unterweisen. Diese Information ist durch eine Betriebsanweisung mit folgendem Inhalt zu ergänzen:
  • Arbeitsbereiche, Arbeitsplatz, Tätigkeit
  • Gefahrstoffe (Bezeichnungen)
  • Gefahren für Mensch und Umwelt
  • Schutzmaßnahmen, Verhaltensregeln
  • Verhalten im Gefahrfall
  • Erste Hilfe
  • Sachgerechte Entsorgung.
Die Arbeitsbereiche sind abzutrennen und zu kennzeichnen (Abbildung). Im Arbeitsbereich darf weder gegessen, getrunken noch geraucht werden. Die Arbeiten müssen von geeignetem Personal ausgeführt werden. Das schließt die Verpflichtung ein, die Arbeiten durch sachkundige Personen beaufsichtigen zu lassen. Außerdem müssen die Arbeiten mit anderen Gewerken koordiniert werden, um eine Gefährdung unbeteiligter Personen auszuschließen.

Sanierung von schwach gebundenen Asbestprodukten

Für die Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte bestehen zusätzlich folgende Verpflichtungen:
  • Der Arbeits- und der Entsorgungsbereich sind möglichst dicht abzuschotten. Der abgeschottete Bereich ist unter Unterdruck zu halten. Die Arbeitsbereiche dürfen nur über eine Schleusenanlage (Dekontaminationsschleuse) betreten werden.
  • Die zu entfernenden asbesthaltigen Materialien sind vor dem Abtragen mit Wasser zu durchfeuchten. Dieser Vorgang muss ggf. mehrfach wiederholt werden.
  • Stäube sind direkt am Entstehungsort abzusaugen. Dabei dürfen nur geeignete Sauggeräte mit ausreichender Filterwirkung verwendet werden.
  • Bei sämtlichen Tätigkeiten einschließlich der Endreinigung und der Abfallbeseitigung sind die vorgeschriebenen Atemschutzgeräte zu benutzen.
  • Es dürfen nur einteilige Schutzanzüge verwendet werden.
  • Die Arbeitsbereiche sind nach Beendigung der Arbeiten zu reinigen. Eventuell verbleibende Rückstände von Asbest an rauen Bauteilflächen sind durch einen Anstrich oder ein aufgesprühtes Faserbindemittel zu binden.
  • Schutzanzüge müssen innerhalb der Personenschleuse ausgezogen werden. Zuvor ist der anhaftende Staub durch Absaugen möglichst vollständig zu entfernen. Dabei darf der Atemschutz nicht abgelegt werden.
  • Asbest, asbesthaltige Abfälle sowie verbrauchte Arbeitsmittel wie Einweganzüge sind in gekennzeichneten Behältern zu sammeln. Abfälle müssen auf zugelassenen Deponien so eingelagert und abgedeckt werden, dass kein Asbestfeinstaub in die Umwelt gelangen kann. Spritzasbest muss zuvor verfestigt werden.

Schutzmaßnahmen bei der Sanierung von Asbestzementprodukten

Beim Abbau (Demontage) von Asbestzementprodukten sind folgende Schutzmaßnahmen zu ergreifen:
  • Es ist der vorgeschriebene Atemschutz sowie ein Schutzanzug zu benutzen.
  • Unbeschichtete Asbestzementplatten sind an der bewitterten Oberfläche anzunässen oder mit staubbindenden Mitteln zu besprühen und weitgehend zerstörungsfrei auszubauen. Die Platten dürfen nicht geworfen, sondern müssen in geeigneten Behältern wie Big-Bags oder festen Kunststoffsäcken abgelegt werden. Die Behälter müssen gekennzeichnet sein.
  • Ebenso sind Befestigungsmittel, Dichtungsschnüre usw. in gekennzeichneten Behältern zu sammeln.
  • Bei Arbeiten in Innenräumen sind - falls kein zerstörungsfreier Ausbau erfolgt - eine Einkammerschleuse und eine Entlüftung des Arbeitsbereiches vorzusehen.
  • Nach Beendigung der Arbeiten ist eine gründliche Feinreinigung mit anschließendem Luftwechsel durchzuführen.
Zum Entfernen von Feinstäuben dürfen nur zugelassene Sauggeräte der Staubklasse H (früher Verwendungskategorie K 1) verwendet werden. Nicht zulässig nach Anhang IV Nr. 1 der GefStoffV sind
  • Überdeckungsarbeiten an Asbestzementdächern
  • Reinigungs- und Beschichtungsarbeiten an unbeschichteten Asbestzementdächern
  • Arbeiten, die zu einem Abtrag der Oberfläche von Asbestprodukten führen, wie z. B. Abschleifen, Druckreinigen oder Abbürsten, es sei denn es handelt sich um emissionsarme Verfahren, die behördlich oder berufsgenossenschaftlich anerkannt sind.
Unter das Verwendungsverbot fällt auch das Anbringen von Solar- oder Fotovoltaikanlagen auf Asbestzement-Dächern. Im Einzelfall ist eine Ausnahmegenehmigung bei der zuständigen Arbeitsschutzbehörde zu beantragen. Ausgebaute Asbestprodukte dürfen nicht wieder verwendet werden. Bezüglich der Entsorgung ist zu beachten, dass alle Asbestabfälle und damit auch Asbestzement seit dem 01.01.2002 als "besonders überwachungsbedürftige Abfälle" gelten.

Quellen

www.arbeit-und-gesundheit.de